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Auszubildende mit Unterstützungsbedarf stark machen

Welche Hilfe gibt es?

Das deutsche Handwerk steht für Qualität, Können und jede Menge Herzblut. Aber es steht auch vor einem Problem: Fach- und Nachwuchskräfte fehlen an allen Ecken. Umso wichtiger ist es, alle Potenziale zu nutzen – auch die, die nicht auf den ersten Blick glänzen. 

Denn: Nicht jeder Azubi kommt perfekt vorbereitet in die Lehre. Lernschwierigkeiten, Probleme im sozialen Umfeld oder gesundheitliche Einschränkungen können den Start ins Berufsleben erschweren. Und manchmal wird’s in der Ausbildung auch einfach schwierig: Konflikte, Durchhänger, Überforderung – viele Betriebe kennen das. 

Aber: Wer jetzt hinschaut statt hinschmeißt, kann gewinnen  

Mit der richtigen Unterstützung werden genau diese jungen Menschen oft zu besonders loyalen, motivierten Fachkräften und bleiben „ihrem“ Betrieb lange verbunden. Das Handwerk ist dafür wie gemacht: Es bietet praxisnahe Tätigkeiten, klare Abläufe und feste Strukturen – perfekte Voraussetzungen, um jungen Menschen mit „Startschwierigkeiten“ oder besser: Unterstützungsbedarf, eine zweite Chance zu geben und sie langfristig ins Team zu integrieren. 

Warum das Handwerk ideal für alle ist

Das Handwerk lebt von Praxis, Teamgeist und handfestem Können. Für viele junge Menschen, die im klassischen Schulsystem nicht optimal gefördert wurden, ist die praktische Ausbildung eine echte Chance. Körperliche Aktivität, sichtbare Ergebnisse und klare Strukturen geben Halt und Motivation.  

Mit individuell angepasster Unterstützung können Betriebe und Ausbilderinnen und Ausbilder dazu beitragen, dass auch Auszubildende mit besonderen Herausforderungen ihren Weg im Handwerk finden. 

Eine Sache der Haltung: Wie Betriebe junge Menschen mit Unterstützungsbedarf im Betriebsalltag fördern können

Wichtig ist hier zunächst nicht Perfektion, sondern das gemeinsame Ziel, junge Menschen schrittweise zu stärken, statt sie an pauschalen Anforderungen, z. B. im Rahmen der Ausbildung, scheitern zu lassen. Betriebe, die hier mit Augenmaß, Geduld und einem offenen Ohr agieren, schaffen nicht nur Ausbildungserfolge, sondern oft auch besonders treue, engagierte Mitarbeitende. Grundlage dafür ist die Haltung, mit der man als Unternehmerin bzw. Unternehmer den Betrieb leitet. Hier etwas genauer: 

1

Geduld und Offenheit zeigen

Grundlage ist die Bereitschaft, jungen Menschen mit „Startschwierigkeiten“ aka Unterstützungsbedarf eine Chance zu geben. Was gerade am Anfang besonders hilft, sind eine klare Kommunikation, ein strukturierter Alltag und feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner.
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Individuelle Stärken erkennen

Nicht jede/r Auszubildende glänzt in Theorie oder Geschwindigkeit – aber viele überzeugen durch Zuverlässigkeit, Genauigkeit oder handwerkliches Talent. Betriebe sollten bereit sein, Potenziale jenseits von Schulnoten zu entdecken.
3

Flexibilität im Alltag ermöglichen

Etwas mehr Zeit für einzelne Arbeitsschritte oder eine gezielte Unterstützung im Alltag können für Auszubildende mit Unterstützungsbedarf den entscheidenden Unterschied machen. Was für den einen selbstverständlich ist, kann für den anderen eine Hürde sein. Ein Beispiel: Ein junger Mensch mit Lernschwierigkeiten profitiert oft enorm von klar strukturierten Arbeitsanweisungen, idealerweise visuell unterstützt oder schriftlich festgehalten. Auch das begleitete Üben einzelner Tätigkeiten in kleineren Etappen kann helfen, Sicherheit zu gewinnen.
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Einholen von Unterstützung von Expertinnen/Experten

Die Betriebe sind hier nicht alleine: Es gibt vielfältige Unterstützungsangebote, die genutzt werden können – oft sogar mit finanzieller Förderung.

Unterstützungs- und Beratungsangebote für Betriebe

Kreishandwerkerschaften und Handwerkskammern

Die regionalen Kreishandwerkerschaften oder auch die für den Betrieb „zuständigen“ Handwerkskammern bieten umfassende Beratung zum Thema „Inklusive Ausbildung“ und unterstützen z. B.  

… bei Fragen zur Eignung von Bewerbern,  

… zu Fördermöglichkeiten oder  

… zur praktischen Umsetzung im Betrieb. 

Viele Kreishandwerkerschaften und Handwerkskammern haben eine spezielle Beratung oder Ausbildungscoaches, die Betriebe gezielt begleiten. Exemplarische Beispiele:  

Ausbildungsberatung der KHS Karlsruhe: https://www.handwerk-region-karlsruhe.de/ausbildungsberatung/ oder der KHS Bergstraße: https://www.kh-bergstrasse.de/service/ausbildungsberatung/  

Ausbildungscoaches der HWK Rheinhessen: https://www.hwk.de/ausbildungscoach/ oder der HWK der Pfalz: https://www.hwk-pfalz.de/kontakte/ansprechpartner-coach-fuer-betriebliche-ausbildung-51,0,dalist.html?dag=1&das=503  

Inklusionsberatung der HWK Aachen: https://www.hwk-aachen.de/artikel/helfer-in-allen-inklusionsfragen-33,0,1917.html 

Jobcoach der KHS Flensburg: https://khfl.de/2025/05/09/jobcoach-klemens-dietmar-propf-vermittlungskompetenz-seit-zehn-jahren/  

Informiere dich am besten direkt bei deiner Kreishandwerkerschaft oder Handwerkskammer. 

Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)

Die Bundesagentur für Arbeit gewährt im Rahmen der Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) finanzielle Hilfen für Auszubildende, die einen erhöhten Unterstützungsbedarf haben oder nicht bei den Eltern wohnen. Das kann auch für Betriebe im Rahmen der Ausbildung hilfreich sein, um dieses Angebot zu wissen. 

Assistierte Ausbildung (AsA flex)

Das Programm Assistierte Ausbildung der Bundesagentur für Arbeit bietet sowohl Auszubildenden als auch Betrieben eine enge Begleitung während der Ausbildung – z. B. durch Nachhilfe, sozialpädagogische Betreuung oder auch mit einer Vermittlung bei eventuellen Konflikten. 

Integrations-Unterstützung bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

Hier finden Betriebe Expert/innen Beratung und Unterstützung bei allen Fragen rund um die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen. Bei den Integrations-/Inklusionsämtern stehen mit den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber Informationsmöglichkeiten rund um Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zur Verfügung. Oder auch der Integrationsfachdienst kann bei Jugendlichen mit Behinderungen wertvolle Unterstützung leisten – etwa durch Coaching, Vermittlung oder Hilfe bei der Arbeitsplatzgestaltung.

Ausbildung mit "Reha-Status"

Jugendliche mit gesundheitlichen Einschränkungen können unter bestimmten Bedingungen eine Reha-Ausbildung absolvieren. Dabei gibt es individuell zugeschnittene Förderungen – und für Betriebe oft finanzielle Unterstützung und begleitende Beratung. Voraussetzung ist der Reha-Status, um diesen zu erhalten, wende dich an deine zuständige Reha-Beratung der Arbeitsagentur.

Hilfsmittel zu einer Ausbildung mit Sozialkompetenz

Hierzu wurden Lernmaterialien für Ausbilderinnen und Ausbilder sowie für Auszubildende entwickelt: Interessierte Ausbildungsbetriebe finden hier eine Übersicht mit konkreten Weiterbildungsmöglichkeiten, Inhalten und Kontaktadressen für Betriebe. 

Online-Forum für Ausbilderinnen und Ausbilder „Leando“

Das Portal „Leando des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) bietet betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern konkrete Unterstützung und Service rund um die Berufsausbildung. Leando soll als zentrale digitale Anlaufstelle für Ausbildungspersonal dienen. Es bietet qualitätsgesicherte Bildungsangebote, Vernetzung und Austausch sowie Unterstützungs-Services und Tools rund um die betriebliche Ausbildung.

Fazit: Handwerk mit Herz und Haltung

Wer als Handwerksbetrieb jungen Menschen mit Unterstützungsbedarf eine Chance gibt, investiert nicht nur in die Zukunft eines Einzelnen, sondern auch in die Zukunft des eigenen Betriebs. Die Erfahrung zeigt, dass viele Betriebe von besonders treuen und engagierten Fachkräften profitieren, die nach anfänglicher Begleitung fest im Team verwurzelt sind.

Im zweiten Teil „Handwerk als Chance für alle“ erfährst Du dann, wie Du mit gezielten Angeboten und Möglichkeiten besonders leistungsstarke Auszubildende an Deinen Betrieb binden kannst.

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