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Gerade angesichts des Fachkräftemangels gibt es immer noch nicht genug Frauen im Handwerk. Zwar sind im Handwerk Frauen an vielen Stellen und in vielfältigen Positionen als Leistungsträgerinnen aktiv: Sei es als Gründerin, Unternehmerin, Geschäftsführerin, Meisterin, Gesellin, Auszubildende oder als Nachfolgerin. Doch der seit Jahren nahezu konstante Beschäftigtenanteil von knapp 32 Prozent (siehe Info-Kasten) zeigt: Für die Fachkräftesicherung sind Frauen im Handwerk – nach wie vor – ein großes und nicht ausgeschöpftes Potenzial.

Frauen im Handwerk: Abwanderung und Perspektiven

Nicht ausgeschöpftes Potenzial verdeutlicht noch eine Zahl: 70 Prozent der im Handwerk erfolgreich ausgebildeten Gesellinnen verlassen den Betrieb bzw. das Handwerk nach der Ausbildung. Bei den Männern ist dieser Anteil mit knapp 50 Prozent deutlich geringer. Zudem ist die durchschnittliche Lösungsquote von Ausbildungsverträgen im Handwerk bei Frauen fast 5 Prozentpunkte über derjenigen der Männer.
Und das, obwohl die weiblichen Auszubildenden bei der Gesellinnenprüfung eine bessere Erfolgsquote als männliche Prüflinge haben. Und diese erfolgreichen Absolventinnen wollen wir im Handwerk behalten – besonders auch in Führungspositionen und als Unternehmerinnen.

INFO

Im Handwerk wird mehr als jeder dritte Betrieb von einer Frau (mit)geführt (35 Prozent). Von Frauen werden 18 Prozent der erfolgreichen Meisterprüfungen absolviert (2023).
Frauen bildeten in den vergangenen Jahren als Beschäftigte im Handwerk einen konstanten Anteil von 32 Prozent. Dabei gibt es große Unterschiede je nach Gewerbegruppe: So sind dies in Betrieben des Handwerks für den privaten Bedarf (Friseurbetriebe, Fotografen) nahezu 80 Prozent, im Ausbaugewerbe knapp 16 Prozent, im Bauhauptgewerbe knapp 9 Prozent.
Der Frauenanteil unter den Auszubildenden im Handwerk ist in den letzten Jahren um einige Punkte gesunken und liegt bei 14 Prozent (von 22 Prozent im Jahr 2015), auch hier mit einer großen Spannbreite auf die Gewerke verteilt: Z. B. Maßschneiderin (86 Prozent), Goldschmiedin (73 Prozent) oder Konditorin (85 Prozent) oder Augenoptikerin (68 Prozent).

Obgleich viele Barrieren, wie z. B. das Beschäftigungsverbot für Frauen im Bauhauptgewerbe bis 1994, abgebaut wurden, existieren weiterhin kulturelle, soziale oder strukturelle Hindernisse. Es sind z.B. Geschlechterstereotype und tradierte Rollenbilder, die die hohe Frauen-Abwanderungsquote von 70 Prozent erklären, zum Verlassen des Handwerks führen oder gänzlich vom Handwerk fernhalten.

Mit Blick auf den Frauenanteil innerhalb der einzelnen Gewerke ist das Handwerk bis zum heutigen Tag weitgehend klar aufgeteilt in „männliche“ und „weibliche“ Tätigkeiten (siehe Kasten). So fehlen im alltäglichen Umfeld „Handwerk“ beispielsweise noch vielerorts weibliche Vorbilder. Vorbilder prägen nicht nur unser Rollenverständnis, sondern nehmen auch Einfluss auf die spätere Berufswahl und den möglichen Karriereweg. Um Berufe zu ergreifen, die noch immer als „männerdominiert“ wahrgenommen werden, müssen junge Frauen ermutigt und bestärkt werden. Dabei spielen sowohl die Medien eine Rolle und die Art, wie das Handwerk und die hier arbeitenden Menschen dargestellt werden. Das Handwerk selbst bringt Beispiele von erfolgreichen Handwerkerinnen hervor, z.B. eine Frau an der Unternehmensspitze eines Baubetriebs.

Eine Frau an der Unternehmensspitze: Heike Eberle
Was tun und wo ansetzen?

Um mehr Frauen für das Handwerk zu gewinnen, kann an mehreren Ebenen angesetzt werden. Den Handwerksberuf selbst ausprobieren und praktisch erfahren geht am besten vor Ort im Betrieb. Handwerksbetriebe können Möglichkeiten bieten, für Schülerinnen und Schüler praktische Erfahrungen im Handwerk zu sammeln, z. B. mit der Durchführung von „Tagen des Handwerks“, gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft. Oder „Schnuppertage“ im Betrieb bzw. die Ausweitung von Praktika, z. B. auch im Verbund mit anderen Handwerksbetrieben.

Damit kann zudem ein Ansatz geschaffen werden, gängige Stereotypen herauszufordern und selbst positive Beispiele zu schaffen.
Auf Seiten der Frauen und Mädchen kann auch angesetzt werden.
Für die Steigerung des Interesses an der gesamten Bandbreite handwerklicher Berufe, sollte im Bildungssystem die schulische Berufsorientierung erweitert werden. Zum Beispiel durch die Integration von Handwerksberufen als Berufswahloptionen in den Lehrplan. Es sollten Handwerksberufe an allen weiterführenden Schulen, auch an Gymnasien, Berücksichtigung finden.

Hilfreiche Angebote für Betriebe

Das haben die Organisationen des Handwerks, wie Handwerkskammern, Innungen und Verbände längst erkannt und haben Aktionen und Projekte aufgelegt, in denen sie Frauen im Handwerk sichtbar machen.

So die Aktion „Frauen können Handwerk“ der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade. Diese will traditionelle Rollenbilder in der Berufswelt verändern und Frauen in männertypischen Berufen vorstellen. Aus dieser Kampagne sind einige Werkzeuge entstanden, die Betriebe für die Gewinnung von Frauen als Nachwuchs- und Fachkräfte nutzen können:

Handlungsleitfaden

Der Handlungsleitfaden gibt Tipps und Anregungen, wie Frauen noch gezielter angesprochen und erreicht werden können und entkräftet einige Klischees und Vorurteile rund um die Beschäftigung von Frauen im Handwerk.

Broschüre Frauen im Handwerk

Die Broschüre Frauen im Handwerk legt Wege und Motivationen von Frauen im Handwerk offen.

Praxisheft Frauen-Karrieren im Handwerk

Das Praxisheft Frauen-Karrieren im Handwerk zeigt echte Beispiele von Frauen in scheinbaren Männerberufen.

Auch das Baden-Württembergische Handwerk hat eine Kampagne zur Frauenförderung aufgelegt und unterstützt Handwerksbetriebe bei der Transformation hin zu familienbewusster Betriebsführung durch die Einführung eines Tools zur Durchführung visueller Mitarbeitergespräche für die Betriebsberatung. Zudem kann der Videoclip „Frauen machen Handwerk“ gängige Vorurteile entkräften. Darüber hinaus wird ein Mentorinnen-Netzwerk für (angehende) Handwerkerinnen aufgebaut.

Quelle: Institut für Betriebsführung im DHI e. V.