Die Tischlerei Raummodul gibt es erst seit drei Jahren und ihr Team wächst stetig. Im Jahr 2024 haben sie gleich zwei renommierte Auszeichnungen erhalten: Den deutschen Fachkräftepreis in der Kategorie „Arbeitskultur“ und den Deutschen Demografiepreis in der Kategorie „Lernen als Erfolgsfaktor“.
Tischlerei Raummodul GmbH
Tischlerei aus Berlin


Die Gemeinschaft steht im Mittelpunkt
Die Vision des Betriebs: Einen Ort zu schaffen, der mehr ist als nur Arbeit. Die Gemeinschaft steht hier im Mittelpunkt. Mit ihren Maßnahmen schafft die Tischlerei ein Arbeitsumfeld, in dem Innovation, Inklusion, Leidenschaft und Wertschätzung vereint werden.

”Wir machen sehr viele Dinge für eine gute Arbeitsatmosphäre und haben – vermutlich auch deshalb – keine Probleme mit dem Thema Fachkräftegewinnung.
Lea SchmelingTischlergesellin
STECKBRIEF
Gründung: 2021
Unternehmenssitz: Berlin
Betriebsgröße: 20 Mitarbeitende, davon derzeit 4 Auszubildende
Tätigkeitsbereiche: Planung, Fertigung, Montage und Design von Möbeln und Raumkonzepten.
Website:
www.raummodul.de

Die Tischlerei Raummodul wurde 2021 von den drei Brüdern Tim, Robbert und Björn Rossius gegründet.
Tim Rossius, Tischlermeister, ist verantwortlich für den Bereich Auftragsplanung und ist ebenfalls Werkstattmeister und Ausbildungsleiter. Robbert Rossius, Tischlergeselle und angehender Architekt, ist vor allem für 3D-Visualisierung zuständig und Björn Rossius hat als Wirtschaftsingenieur die betriebswirtschaftlichen Abläufe der Tischlerei im Blick.
Lea Schmeling, unsere Gesprächspartnerin, ist Tischlergesellin und zusätzlich für die Kommunikation bzw. für alles, was mit Texten zu tun hat, zuständig. Sie gibt uns einen Einblick in die Arbeitskultur des Betriebs und was die Herangehensweise der Tischlerei so erfolgreich macht.
Wie kam der Betrieb auf die Idee, bei diesen Wettbewerben mitzumachen?
Die Tischlerei Raummodul hat sich eher zufällig beim deutschen Fachkräftepreis beworben. Umso größer war die Freude, als sie die Auszeichnung in der Kategorie „Arbeitskultur“ gewonnen haben. Doch das ist nicht die einzige Auszeichnung, die der Betrieb 2024 erhalten hat. „Der Deutsche Demografie Preis ist tatsächlich auf uns zugekommen und hat gefragt, ob wir uns nicht bewerben wollen“, erzählt Lea Schmeling. Das hat der Betrieb gemacht und in der Kategorie „Lernen als Erfolgsfaktor“ gewonnen.
Die beiden Kategorien, in denen die Tischlerei Raummodul gewonnen hat, sagen auch schon viel über den Betrieb aus: die Gemeinschaft und ein gutes Arbeitsklima stehen im Vordergrund.
Solche Wettbewerbe tragen unter anderem auch dazu bei, für Fachkräfte und potenziellen Nachwuchs attraktiver und sichtbarer zu werden. Aber auch schon vor der Teilnahme hatte der Betrieb, laut Lea Schmeling, keine Probleme mit dem Thema Fachkräftegewinnung. Woran das liegen könnte, hat sie uns im Interview erzählt.
Was bedeutet „Arbeitskultur“ für die Tischlerei Raummodul?
„Wir wollen an einem Ort arbeiten, an dem wir uns wohlfühlen. Das ist auch eine Sache, die uns im Team eint. Wir verbringen sehr viel Zeit am Tag mit Arbeit, deshalb ist es uns wichtig, dass man sich wohlfühlt und wir uns einen Raum schaffen, an dem wir gerne arbeiten.“ – so Lea Schmeling.
Für die Tischlerei bedeutet eine gute Arbeitskultur das große Ganze in den Blick zu nehmen, denn wenn es eine gute Atmosphäre gibt, motiviert das auch die Mitarbeitenden.
„Wir machen sehr viele Dinge für eine gute Arbeitsatmosphäre und haben – vermutlich auch deshalb – keine Probleme mit dem Thema Fachkräftegewinnung. Zum Beispiel haben wir im Betrieb ein kostenloses Mittagessen für alle Mitarbeitende. Das ist in den Fixkosten enthalten. Meistens kochen ein oder zwei Personen und wir essen alle gemeinsam. So kommt man auch ins Gespräch und tauscht sich aus, lernt sich besser kennen und verbringt automatisch jeden Tag auch außerhalb des Workflows Zeit miteinander.“
Ein weiteres Angebot in der Tischlerei ist das Mobility Training, das an einem Tag in der Woche morgens vor der Arbeit stattfindet. Dazu kommt ein Personal Trainer in den Betrieb und alle die Lust haben, machen mit. Das bringt Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen zusammen – aus der Werkstatt und aus dem Büro – und man setzt sich mit dem eigenen Körper auseinander. „Zum Beispiel haben wir festgestellt, dass viele Probleme mit dem Rücken haben, ob es vom vielen Sitzen am Schreibtisch ist oder vom falschen Heben in der Werkstatt kommt. Da hilft das Training, es verbindet und kann auch sehr lustig sein.“
Das flexible Arbeitszeitenmodell ist ein weiterer Benefit. Es gibt eine Kernzeit, in der alle da sein sollen, die ist von 9:00 – 15:30 Uhr. Diese Flexibilität bedarf viel Kommunikation untereinander, denn es haben auch nicht alle eine klassische 40-Stunden-Woche.
Die Kommunikation untereinander ist bei vielen der bisher genannten Aspekte wichtig. Wie kommuniziert ihr im Betrieb?
Kommunikation ist ein wichtiges Thema im Betrieb. Am Anfang der Woche setzen sich alle zusammen und sprechen über das, was ansteht und wie die aktuellen Projekte laufen.
„Wichtige Fragen sind auch immer wieder: Wo stehen wir und wo wollen wir hin? Was läuft gut und was nicht? Indem wir im Gespräch miteinander bleiben, führt das zu einer guten Feedbackkultur. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt, den wir in unserem Betrieb sehr schätzen.“
Alle dürfen ihre Meinung äußern – egal ob Auszubildende oder Chef. Allgemein sind die Hierarchien in der Tischlerei Raummodul sehr flach. Ein Kommunizieren auf Augenhöhe führt auch zu neuen Ideen, die frischen Wind in den Betrieb bringen.
„Es ist wichtig, im Gespräch miteinander zu bleiben.“
Eine offene und ehrliche Kommunikation ist dem Betrieb sehr wichtig, auch über die Sozialen Medien. Dort berichten sie authentisch über den Arbeitsalltag und Projekte im Betrieb.
Wie gewinnt ihr Fachkräfte und Azubis?
„Wir haben kein Problem mit der Gewinnung von Fachkräften“, erklärt uns Lea Schmeling. „Durch die offene Kommunikation über verschiedene Kanäle − Social Media, Handwerksnetzwerke, Kooperationen etc. − kommen auch viele Bewerbungen im Betrieb an.“
So viele, dass es teilweise kaum machbar für Lea Schmeling ist, sie alle abzuarbeiten.
Aber Lea sagt, es bekämen alle eine wertschätzende Antwort, auch wenn es damit mal etwas länger dauern kann. Denn auch das hat Auswirkungen auf die Präsenz nach außen vom Betrieb. Handwerkerinnen und Handwerker sind eng miteinander verbunden und bekommen viel von anderen Betrieben mit.
Die Tischlerei Raummodul sieht allgemein Netzwerken und eine offene Kommunikation als wichtiges Mittel für eine gute Arbeitskultur, aber auch für die Gewinnung von Nachwuchskräften. „Ganz wichtig: Echt und authentisch sein, hinter dem stehen, was man tut und nach außen darstellt.“
Lea Schmeling erklärt, dass es für alles das richtige Netzwerk gibt, aber das Handwerk manchmal noch zu sehr in den alten Strukturen gefangen ist und sich viele Betriebe nicht trauen, über den Tellerrand zu blicken. Es ist in ihren Augen wichtig, moderne und neue Themen sowie Techniken anzugehen. Auch wenn nicht immer alles sofort funktioniert, es ist ein Prozess, in dem jeder Betrieb für sich die richtigen Wege finden muss.
Spielt soziale und gesellschaftliche Verantwortung im Betrieb eine Rolle?
„Soziale und gesellschaftliche Verantwortung sind für uns wichtige Themen, die auch zu einem guten Miteinander beitragen. Wir haben verschiedene Kooperationen, die zum einen das Handwerk unterstützen und zum anderen Integration und persönliche Entwicklung fördern.“
Eine neue Kooperation ist die Zusammenarbeit mit der technischen Universität Berlin. Studierende bekommen die Möglichkeit, in das Tischlerhandwerk reinzuschnuppern und können so herausfinden, ob ein Studium das Richtige für sie ist.
Ein weiteres Beispiel ist ein Sommerpraktikant, der einen Tag in der Woche in den Betrieb kommt und das Handwerk besser kennenlernen möchte. „Er ist ein Geflüchteter, der momentan eine Sprachschule besucht. Dank der Kooperation mit der Schule kann er in den Betrieb kommen und Erfahrungen sammeln. Er hat schon Tischler Erfahrung und kann so in Zukunft seine Ausbildung in dem Bereich antreten, wenn er seinen Deutschkurs abgeschlossen hat.“
Auch die Initiative „Berufliche Orientierung für Zugewanderte (BOF)“ hat positive Anregungen in den Betrieb gebracht. Über das innungsübergreifende Projekt hatte der Betrieb einen Langzeitpraktikanten aus Mexiko. Ursprünglich war das eine Kooperation der Glaserinnung – der Praktikant wollte aber gerne in weitere Handwerke reinschnuppern. Dem Wunsch des Praktikanten kam die Tischlerei gerne nach.
Solche Kooperationen sind dem Betrieb sehr wichtig. „Ein gutes Miteinander bringt alle weiter und Integration ist dabei ein wichtiger Aspekt“, so Lea Schmeling. Es geht darum, aufeinander Acht zu geben, gesehen zu werden − und sich auch gesehen zu fühlen.
Wie geht der Betrieb mit den Themen Wertschätzung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden um?
Wertschätzung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden sind grundlegende Aspekte für eine gute Arbeitskultur. Lea Schmeling erklärt, dass das Handwerk ein Team Job ist. Wenn das Team gut funktioniert, funktioniert auch der Rest.
„Alles, was wir machen, ob Möbel herstellen oder das Bewegen am Arbeitsplatz, ist Bedürfnis orientiert. Dazu muss man aber auch die Bedürfnisse kennen, die der Kundinnen und Kunden, aber auch die der Mitarbeitenden.“
Um ein gutes Miteinander zu erreichen, sprich die Bedürfnisse und Zufriedenheit der Mitarbeitenden und damit auch die der Kundinnen und Kunden und ebenfalls die des Betriebs zu erfüllen, gibt es verschiedene Tools. Einige davon wurden schon genannt: Gemeinsames Mittagessen oder die Feedback Kultur des Betriebs.
Lea erklärt das an einem Beispiel: „Es ist wie in der Werkstatt: Um an mein Ziel zu kommen, stehen mir verschiedene Werkzeuge und Vorgehensweisen zur Verfügung. Jetzt muss ich mir Gedanken darüber machen, welches Werkzeug am besten funktioniert, um mein Ziel zu erreichen. Wichtig ist auch, im Nachgang nochmal zu kontrollieren, ob das funktioniert hat.“
Neben den bisher genannten Maßnahmen, in ein weiteres Beispiel dafür das Gegenseitige Schulen innerhalb des Betriebs. „Jede Person hat unterschiedliche Stärken und Schwächen. Wenn Mitarbeitende etwas besonders gut können, bringen sie das den anderen bei. Dafür setzen wir an manchen Tagen extra Schwerpunkte, um gemeinsam die Fähigkeiten unserer Mitarbeitenden zu benutzen und davon zu profitieren“, erklärt Lea Schmeling.
Lea bringt es zum Schluss auf den Punkt: Kommunikation, auch wenn das nicht immer so einfach ist, ist der Schlüssel zu vielen Aspekten erfolgreicher Zusammenarbeit. „Gemeinsam kann man mehr erreichen und wenn man sich gegenseitig hilft, kommt das auch zu einem zurück.“
Wichtig sind dabei ein sachliches und lösungsorientiertes Herangehen sowie eine offene Kommunikation und Feedback. So wird ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem sich die Mitarbeitenden wohl und wertgeschätzt fühlen, was ihre Motivation und Arbeitsleistung stärken.
Das Ergebnis ist eine Win-Win-Situation für den Betrieb und seine Mitarbeitende. Dieser positive Effekt kommt letztendlich auch bei den Kundinnen und Kunden, Fachkräften und potenziellen Auszubildenen an.